Stiftsbibliothek Zeitz als nationales Kulturgut bewahren

Die Stiftsbibliothek in Zeitz ist einer der bedeutenden Bewahrer kulturellen Schriftguts in Deutschland. Sie gehört nach Kulturgutschutzgesetz zum nationalen Kulturgut. Die Sammlung vereint Sachzeugen der mitteleuropäischen Schrift- und Buchproduktion des 5. bis 19. Jahrhunderts.

Buch auf einem Buchpult in der Zeitzer Stiftsbilbiothek (c) Vereinigte Domstifter, Falko Matte

Buch auf einem Buchpult in der Zeitzer Stiftsbilbiothek (c) Vereinigte Domstifter, Falko Matte

Die Restaurierung der Pflug-Bibliothek in der Zeitzer Stiftsbibliothek wird fortgesetzt

Naumburg, 15.01.2024

Um diese bedeutende Sammlung zu erschließen und für die Nachwelt zu erhalten, waren und sind weiterhin dringend Konservierungsarbeiten notwendig. Mit den Fördermitteln der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM) und der Koordinierungsstelle für die Erhaltung des schriftlichen Kulturguts (KEK) konnte dieses umfangreiche Projekt bereits 2019 beginnen. Die wichtigsten bestandserhaltenden Maßnahmen konnten bis Ende 2020 abgeschlossen werden. Kein Buch war mehr akut gefährdet, trotzdem besteht weiter dringender Handlungsbedarf, um die restlichen defekten Bände zu restaurieren. Dafür konnten nun erneut Fördermittelgeber gefunden werden: Die Koordinierungsstelle für die Erhaltung des schriftlichen Kulturguts (KEK) und das Land Sachsen-Anhalt.

In diesem Projekt sollen weitere Objekte des Pflug-Bestandes mit unterschiedlichen Schäden bearbeitet werden. Geplant ist die Konservierung von 46 Büchern, aber auch von 36 stark beschädigten Handschriften des Pflug-Bestandes. Die Objekte wurden dafür schon teilweise in die Restaurierungswerkstätten geliefert, oder stehen kurz vor dem Versand und werden in den in Ausschreibungen gewonnenen Werkstätten bearbeitet.

Angebot für die Öffentlichkeit

„Die wissenschaftliche Schaubibliothek in Zeitz ist ein Angebot an die Öffentlichkeit, eine authentische Bibliothek der Reformationszeit zu erleben. Die Konservierung ist Voraussetzung für den dauerhaften Erhalt dieses kulturhistorischen einmaligen Bestandes, umso mehr freue ich mich, dass wir nun mit der Restaurierung fortfahren können und ich bin dem Land Sachsen-Anhalt und er KEK sehr dankbar für die Zusage der Fördermittel“, sagt Dr. Holger Kunde, der Stiftsdirektor der Vereinigten Domstifter.

Die Zeitzer Stiftsbibliothek ist neben der Öffnung zu wissenschaftlichen Zwecken auch für Besucherinnen und Besucher zugänglich. 

  • individuelle Besichtigung: Dienstag und Donnerstag 10:00 -16:00 Uhr
  • Führungen: April bis Oktober an jedem letzten Samstag im Monat um 13.00 Uhr sowie nach Voranmeldung (max. 25 Pers./Gruppe)

 

Mehr unter https://www.stiftsbibliothek-zeitz.de/

Hintergrund: Die Privatbibliothek des letzten katholischen Bischofs von Naumburg-Zeitz Julius Pflug

Das in Zeitz bewahrte Vermächtnis von Julius Pflug ist seine einzigartige Bibliothek. Sie gehört europaweit zu den wenigen, nahezu vollständig erhaltenen Privatbibliotheken des Reformationszeitalters. Bestandteil der Bibliothek Pflugs ist eine der größten zeitgenössisch zusammengetragenen Sammlungen an Drucken der Werke Martin Luthers. Die gewaltige, ursprünglich rund 1.000 Bände bzw. fast 2.000 Drucke umfassende Büchersammlung, die Julius Pflug neben seinem umfangreichen schriftlichen Nachlass als Teil seiner beweglichen Habe 1564 in Zeitz hinterließ, geht auf ihn selbst zurück.

Sie ist das Ergebnis gezielter Sammeltätigkeit, die sich über nahezu fünf Jahrzehnte erstreckte. Die Bibliothek, von der sich bis heute knapp 900 Bände mit circa 1.700 Drucken in Zeitz erhalten haben, ist eine für die Zeit hochmoderne, alle Wissensbereiche abdeckende Sammlung. Zusammengetragen von einer der zentralen Persönlichkeiten des Reformationszeitalters, widerspiegelt ihr Profil auf nahezu einzigartige Art und Weise einmal mehr die über den mitteldeutschen Raum an epochalen Umbrüchen, Verwerfungen und Kontroversen reiche politische und kirchenpolitische Entwicklung in den beiden ersten Dritteln des 16. Jahrhunderts.

Seine Bibliothek übereignete Pflug 1563 testamentarisch seinen Nachfolgern auf dem Naumburger Bischofsstuhl. Dabei legte er fest, dass der Bestand in Zeitz, der Residenz der Naumburger Bischöfe, aufzustellen sei. In das Erbe traten zunächst die sächsischen Kurfürsten in ihrer Funktion als Administratoren der ehemaligen Naumburger Diözese. Auf Bitte des Naumburger Domkapitels fiel die Büchersammlung als Grundstock der modernen Stiftsbibliothek zusammen mit dem literarischen Nachlass kurz nach 1590 an das Naumburger Domkapitel, in dessen Besitz die Sammlung sich bis heute befindet. Heute bildet Pflugs einzigartige Bibliothek neben der Domherrenbibliothek und der Büchersammlung der Naumburger Bischöfe das Herzstück der Zeitzer Stiftsbibliothek im Torhaus der Moritzburg.

Hintergrund: Bischof Julius Pflug – Der letzte katholische Bischof des Bistums Naumburg

Julius Pflug entstammte einer weitverzweigten und einflussreichen sächsischen Adelsfamilie. Geboren wurde er 1499 in der Nähe von Leipzig. Bereits früh stand fest, dass er Jurist werden und eine geistliche Laufbahn einschlagen sollte. Seine akademische Karriere begann 1510 mit seiner Immatrikulation in Leipzig. Von hier wechselte Pflug 1517 nach Italien, wo er sich bis 1529 wiederholt für längere Zeit aufhielt und eine umfassende humanistische Bildung erlangte. Nach Einschätzung des Erasmus von Rotterdam gehörte er zu den besten Latinisten seiner Zeit. 1522 erreichte ihn ein Ruf als Rat des Albertiners Herzog Georg des Bärtigen.

Am Leipziger Oberhofgericht wirkte er von 1522 bis 1524. Parallel dazu trat er in ertragreiche geistliche Pfründen in Zeitz, Merseburg und Meißen ein, denen weitere Kanonikate in Naumburg, Magdeburg und Mainz folgten. Zum Zeitzer Propst stieg er 1531 auf, zum Domdekan in Meißen 1537. Doch scheiterte zunächst der Versuch Georgs des Bärtigen, Pflug 1535 zum Merseburger Bischof zu machen. Anfang 1541 wählte das Naumburger Domkapitel Julius Pflug einstimmig zum neuen Bischof. Die Wahl nahm Pflug, der sich wegen der unsicheren politischen und kirchlichen Verhältnisse zunächst Bedenkzeit erbat, schließlich Anfang 1542 an. Doch dauerte es noch mehrere Jahre, bis er sich gegen seinen Gegenspieler, den auf Betreiben des sächsischen Kurfürsten Johann Friedrich von Martin Luther Ende 1541 zum evangelischen Bischof geweihten Theologen Nikolaus von Amsdorf durchsetzen konnte. Erst im Zuge des Schmalkaldischen Krieges gelang es ihm, sein Bistum in Besitz zu nehmen.

Dem Naumburger Bistum stand Pflug, der in kirchen- und reichspolitischen Fragen eine zentrale Rolle spielte, bis 1564 vor. Dazu gehörte auch seine reiche literarische Tätigkeit. Innerhalb des Bistums galten seine Hauptanstrengungen neben dem Versuch, den Einfluss des Protestantismus zurückzudrängen, der Reform des Klerus sowie der Reorganisation der kirchlichen und weltlichen Verwaltung des Hochstifts. Trotz der für Pflug ungünstigen politischen bzw. kirchenpolitischen Kräfteverhältnisse im Bistum bzw. im mitteldeutschen Raum setzte sich der Naumburger Bischof mit seiner ganzen Kraft für die Einheit der Kirche ein. Mit allen wichtigen Persönlichkeiten seiner Zeit war er dazu im Dialog. Als letzter Naumburger Bischof verstarb Julius Pflug 1564 in Zeitz. Aufgrund seines vermittelnden und stets am Gedanken der christlichen Einheit orientierten Wirkens kann Pflug als einer der wichtigsten Vordenker der Ökumene gelten.

Pressekontakt

Charlotte Tennler
Pressesprecherin Vereinigte Domstifter

Tel. (03445) 23 01-114
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