Jenseits der Hast: In Setouchi das geheime Japan entdecken

Japan für Kenner: Die Präfekturen rings um das Seto-Binnenmeer laden zum Reisen abseits der Touristenströme, zum Entdecken verborgener Orte, lokaler Traditionen – und zum tiefen Eintauchen in die Geschichte. Sieben Geheimtipps.

Die Burg Bitchu Matsuyama über dem Wolkenmeer: Ein Anblick, auf den Besucher der Präfektur Okayama am Setouchi-Binnenmeer zwischen Herbst und Winter hoffen können. - Foto: Takahashi City Tourism Association

30. August 2024 (tpr) – Natur, Tradition und kreative Inspiration: Die Region Setouchi ist die Reiseentdeckung im Westen Japans. Gelegen am Seto-Binnenmeer, zwischen den Hauptinseln Honshu, Shikoku und Kyushu, erstreckt sich Setouchi über sieben Präfekturen mit etwa 700 Inseln.

Als Reiseziel ist Setouchi trotz der stattlichen Größe ein weniger bekannter Teil des Landes – und ein Tipp für kulturinteressierte Besucher, die sich ohne Hast das authentische Japan erschließen möchten. Diese sieben faszinierenden Orte bringen lokale Geschichte und Kultur nah.


1. Bitchu Matsuyama: Die Burg im Himmel

Zur Begegnung mit Samurai-Kultur lädt Takahashi in der Präfektur Okayama. In der von malerischer Natur umgebenen Stadt finden Besucher historische Stadtviertel mit traditionellen Gebäuden und Tempeln. Der faszinierendste architektonische Zeitzeuge ist die Burg Bitchu Matsuyama. Es ist eine von nur zwölf Burgen mit erhaltenem Hauptturm in Japan – und davon die einzige Bergburg.

Die Anfänge der „Burg im Himmel“ liegen um das Jahr 1240, als Shigenobu Akibasaburo eine Festung auf dem etwa 480 Meter über dem Meeresspiegel gelegenen Berg Gagyuzan errichtete. Ihr heutiges Aussehen erhielt die Wehranlage im 17. Jahrhundert. Ein fantastischer Anblick ist die Festung über dem Wolkenmeer. In Herbst und Winter stehen die Chancen dafür am besten.

Bitchu Matsuyama
tägl. 9:00-17:30 Uhr (Apr.-Sep., letzter Einlass 17 Uhr); 9:00-16:30 Uhr (Okt.-Mär., letzter Einlass 16 Uhr); Schließtage: 29.12.-03.01.; Eintritt: 500 Yen; https://www.bitchumatsuyamacastle.jp/en/


2. Fukiya: Auf den Spuren des Japanrot

Was wäre Japan ohne Rot! Schreine, Tempel, Porzellan, Lackwaren: undenkbar ohne die kraftvolle Schmuckfarbe! Die Nationalfarbe der Japaner hat eine spannende Geschichte. Die wird ebenfalls in der Umgebung der Samurai-Stadt Takahashi erzählt. Etwa 27 Kilometer nordwestlich von Bitchu Matsuyama, im Herzen des Chugoko-Gebirges, liegt malerisch auf einem etwa 500 Meter hohen Plateau der historische Ort Fukiya. Die Bergbaustadt war einst der bedeutendste Produzent roter Farbpigmente aus Eisenoxid (Bengara).

Vom einstigen Reichtum zeugen das hervorragend erhaltene Ortsbild mit zahlreichen prächtigen Kaufmannsvillen. Fukiya ist offizielles „Furusato-Dorf“. „Furusato“ (ふるさと) ist ein wichtiges Signalwort für Japanreisende. Es setzt sich zusammen aus „Furu“ (alt/traditionell) sowie „Sato“ (Dorf/Heimat) und bedeutet „Heimat“ oder „Geburtsort“. Dörfer mit diesem Prädikat versprechen Besuchern ein besonders authentisches Erlebnis von Architektur, Handwerkskunst, lokaler Küche und ländlicher Lebensweisen, oft in malerischer Umgebung – so wie Fukiya.

Bitchu Fukiya
https://fukiya-japan.red/en/


3. Bizen-Keramik: Kunst, Handwerk und Geschichte

Ebenfalls in der Präfektur Okayama, 70 Kilometer östlich von Takahashi, liegt die historische Stadt Bizen. Hier ist eine mehr als tausend Jahre alte Keramiktradition zuhause! Bizen-Keramik gehört zu den ältesten Keramikarten Japans. Ihre Geschichte reicht bis in die späte Heian-Periode (794-1185).

Schlüsselrohstoff ist Hiyose, ein besonders hochwertiger Ton. Bizen-Keramik ist oft einfach und funktional in der Form, wobei die Schönheit in der natürlichen Textur und den erdigen Farben liegt, die von Rot- und Brauntönen bis hin zu Aschegrau und Schwarz reichen. In Werkstätten und Museen können Besucher die einzigartige Handwerkskunst erleben und sich in Workshops auch selbst darin versuchen. Ein Highlight für Gäste und Einheimische ist das Bizen Pottery Festival am 19./20. Oktober 2024.

Traditionelle Industriehalle Bizen-Keramik
https://www.setouchi.travel/de/see-and-do/spot/OY9002/

 

4. Shizutani: Schönheit der Bildung

Sie gilt als die älteste öffentliche Schule der Welt und gehört offiziell zu den Nationalschätzen Japans: die Shizutani-Schule, in idyllischer Landschaft im Norden der Stadt Bizen gelegen. Mitsumasa Ikeda, Fürst von Okayama, hat die Bildungseinrichtung für das einfache Volk im Jahr 1670 gegründet. Der Feudalherr lobte die Gegend um Shizutani als „einen Ort, an dem Berge und Wasser ruhig und klar sind und an dem man gut lesen und studieren sollte.“ Also beschloss er, hier eine Schule zu gründen.

Der Bau der Bildungseinrichtung dauerte etwa 30 Jahre. Das ursprüngliche Strohdach wurde später durch ein Dach aus Ziegeln aus Bizen-Keramik ersetzt. Im Jahr 2015 wurde die weitgehend original erhaltene Schule zu einer der „Bildungserbestätten des frühmodernen Japan“ erklärt.

Shizutani-Schule
tägl. 09:00-17:00 Uhr; Schließtage: 29.-31.12.;
Eintritt: Grund- und Mittelschüler: 100 Yen, Erwachsene (Oberschüler und älter): 400 Yen, 65 Jahre und älter: 200 Yen; englischsprachige Audioguides. https://shizutani.jp/english/


5. Schwertmuseum Bizen Osafune: lebendige Tradition

Und noch eine weitere japanische Handwerkskunst wird in der Region um Bizen mit Stolz weitergegeben: die Schwertherstellung. Bizen mit Umland gehörte zu den legendären Gokaden, den fünf traditionellen Schulen der japanischen Schwertherstellung. Schwerter von hier wurden für ihre hohe Qualität und kunstvolle Gestaltung geschätzt. Auch heute noch gibt es in Bizen Meisterschmiede, die in kleinen Werkstätten die alten Techniken der Schwertherstellung pflegen.

Ein sehenswertes Museum zum Thema befindet sich wenige Kilometer westlich von Bizen, in der Stadt Setouchi: Im Bizen Osafune Schwertmuseum können Interessierte das Schmieden, Gravieren und Schärfen japanischer Schwerter aus nächster Nähe beobachten. In mehrstündigen Workshops können Besucher an ausgewählten Terminen und nach Voranmeldung sogar die Grundtechniken der Schwertherstellung erlernen!

Bizen Osafune Schwertmuseum
tägl. 09:00-17:00 Uhr (letzter Einlass 16:30 Uhr); Schließtage: montags (bzw. am Folgetag, wenn Montag auf einen Feiertag fällt) sowie 28.12.-04.01. und während Ausstellungswechsel;
Eintritt: Erwachsene: 500 Yen, Schüler der Oberstufe und Studenten: 300 Yen, kostenlos für Schüler der Mittelstufe und jünger; englischsprachige Audioguides


6. Angel Road auf Shodoshima: Natur und Romantik

Von der Stadt Okayama mit der Fähre zu erreichen ist Shodoshima, eine der größten Inseln der Seto-Inlandsee. Die zur Präfektur Kagawa gehörende Insel verzaubert mit Olivenhainen, malerischen Stränden, traditionellen Dörfern und entspannter Urlaubsatmosphäre. Ein faszinierendes Naturphänomen ist die Angel Road, ein schmaler Sandstreifen, der die Hauptinsel mit drei winzigen Nachbarinseln verbindet.

Begehbar ist der Weg bis zur ersten Insel, Bentenjima Island – allerdings nur bei Ebbe. Eine besondere Tradition macht ihn zu einem der romantischsten Spazierwege Japans: Paare laufen Hand in Hand über die Angel Road und äußern dabei ihre Wünsche für die gemeinsame Zukunft. Besonders beeindruckend ist die Szenerie bei Sonnenaufgang und Sonnenuntergang, wenn das Meer in goldenem Licht glitzert.

Angel Road ist kostenfrei zugänglich, nur bei Ebbe begehbar


7. Yamaroku-Brauerei: Kulturgut Sojasauce

Voller Umami und aus der japanischen Küche nicht wegzudenken: Sojasauce. Doch wie wird das beliebte Würzmittel eigentlich traditionell hergestellt? Einen spannenden Einblick gewährt die renommierte Yamaroku-Brauerei im Osten von Shodoshima. Es ist eine der wenigen Brauereien in Japan, die ihre Saucen noch in überlieferter Weise in Kioke, riesigen Holzbottichen aus Zedernholz, fermentieren.

Vor etwa 150 Jahren startete das Unternehmen als Großhändler für Moromi, den Rohstoff für Sojasauce. Im Jahr 1949 begann Yamaroku mit der Herstellung von Sojasauce. Das Moromi-Lager von Yamaroku ist eine über 100 Jahre alte Holzkonstruktion. Spannend: In Balken, Wänden und Boden, sowie in den Bottichen sind etwa 100 verschiedene Arten von Hefe und Milchsäurebakterien zuhause – eine unbezahlbare Ressource!

Yamaroku-Brauerei
Täglich 9 bis 17 Uhr; Eintritt frei; Besuchszeit: ca. 15 Minuten; keine Reservierung erforderlich; https://yama-roku.net/ge


Extratipp:
Umitota auf Teshima: Designobjekt mit Meerblick

Nur etwa drei Kilometer westlich von Shodoshima liegt das wesentlich kleinere Eiland Teshima. Die Insel ist bekannt für eine Mischung aus atemberaubender Natur und zeitgenössischer Kunst und ist, wie Shodoshima, ein wichtiger Teil der Setouchi Triennale. Es ist auch Heimat des Teshima Art Museums, das harmonisch in die hügelige Landschaft integriert ist.

Eines der außergewöhnlichsten Urlaubsdomzilie auf der Insel haben die Designer Akira Minagawa und Shinichiro Ogata geschaffen: Umitota. Gestaltet wurde das avantgardistische Ferienhaus mit Elementen der traditionellen japanischen Architektur im Rahmen der Modernisierung eines 50 Jahre alten Wohnhauses. Direkt an der Küste gelegen, bietet Umitota bis zu sechs Gästen sowohl den Blick auf das Seto-Binnenmeer als auch auf die terrassenförmigen Reisfelder von Teshima.

Umitota
Ferienhaus für bis zu sechs Erwachsene; Preis pro Nacht: 99.000 Yen Basispreis + 11.000 Yen pro Person; https://umitota.jp/en/   ■
 
Setouchi-Tourentipps

Die Setouchi-Tourismusbehörde hat passend zu den genannten Highlights und weiteren Sehenswürdigkeiten Vorschläge für Vier-Tages-Touren entwickelt:

„Samurai-Burgen, Gärten, Städte und Kultur in Ost-Setouchi“:
https://www.setouchi.travel/en/plan-your-trip/itineraries/ph2-sta-st-021/

„Setouchis Kunst-Inseln, Dogo Onsen und Shimanami Kaido“:
https://www.setouchi.travel/en/plan-your-trip/itineraries/ph2-sta-st-010/